Bedeutendes Porzellanbild

Friedrich Janecke

Königliche Porzellan Manufaktur Berlin (KPM), datiert 1830.

Porzellan, feine polychrome Malerei. Originaler Rahmen aus Holz molouriert, gedrechselt und vergoldet mit Zierelementen aus Zinkguss vergoldet

Durchmesser des Tondos: 35 cm
Rahmen: 49,5 cm x 49,5 cm Inv. Nr.: 2033

Provenienz: Schloss Erdmannsdorf (Schlesien), Generalfeldmarschall Graf Neidhardt von Gneisenau

Bildinhalt

Das Tondo zeigt eine Allegorie auf den Frieden. In der oberen Mitte schwebt Apollon auf Wolken, in der rechten Hand hält er als Zeichen des (militärischen) Sieges einen Lorbeerzweig, sein linker Arm ruht auf der Weltkugel, auf der die Länder Irland, England, Frankreich, Deutschland, Russland und Türkei bezeichnet sind.

Apollon wird umgeben von den drei Erinnyen Alekto, Megaira und Tisiphone. Sie waren in der griechischen Mythologie Göttinnen der Unterwelt, die Verbrechen gegen die natürliche Ordnung rächten (bei den Römern als Furien bezeichnet). Dabei ging es hauptsächlich um Mord, Respektlosigkeit, Ungerechtigkeit, Meineid und Verbrechen gegenüber den Göttern. Ein Opfer solcher Verbrechen, das Gerechtigkeit forderte, konnte den Fluch der Erinyen auf den Übeltäter herabrufen. Mit diesem Akt bindet sich das Opfer an den Täter, wodurch ein sich ständig wiederholender Kreislauf von Vergeltung und Wiedergutmachung entsteht. Am mächtigsten war der Fluch von Vater oder Mutter auf das Kind, denn die Erinyen selbst entstanden aus solch einem Verbrechen, da sie aus dem Blut des Gottes Uranos entsprangen, nachdem dieser von seinem Sohn Kronos entmannt und damit seiner Schöpferkraft beraubt wurde.

Der Zorn der Erinnyen zeigte sich auf vielfältige Weise. Am schwerwiegendsten war er, wenn ein Vater- oder Muttermörder mit Wahnsinn gepeinigt wurde. Mörder konnten mit Krankheit bestraft werden. Ein Volk, das einem Mörder Unterschlupf gewährte, konnte mit Hungersnöten, Krankheiten und Epidemien bestraft werden. Nur mit Reinigungsriten und der Erfüllung von Bußaufgaben konnte der Zorn der Erinyen besänftigt werden.

Friedrich Janecke

Der Künstler Friedrich Janecke wurde 1784 in Braunschweig geboren und war zunächst in der Stobwasserschen Fabrik in Braunschweig beschäftigt. 1815 trat er in die KPM Berlin ein und war dort bis nach 1850 als Figurenmaler tätig. In den Berliner Akademie-Katalogen finden einige von ihm dekorierten KPM-Porzellane Erwähnung. Er wird dort ebenfalls als Figurenmaler der KPM geführt. Weitere Lebens- oder Sterbedaten sind nicht erfasst. Janecke gehörte zu den herausragenden Malern der KPM und gehörte mit einem Einkommen von 729 Talern zu den bestbezahlten KPM Malern der Zeit . Ausserdem gehörte er seit 1825 dem Ältestenrat an. Bei einer Uneinigkeit zwischen Direktion und Ältestenrat benennt der Direktor Carl Georg Proessel 1848 in einem Bericht an das Ministerium Janecke „der immer bei Oppositionen sich zum Sprecher berufen fühlt“ als einzigen Gegner namentlich. Er fügte allerdings gleich hinzu, dass Janecke als einer der fähigsten Figurenmaler bei großen Staatsaufträgen schwer entbehrlich sei.

Der Rahmen

Der aufwendige Rahmen aus vergoldetem Holz mit Eckornamenten aus vergoldetem Zinkguss geht sehr wahrscheinlich auf einen Entwurf von Karl Friedrich Schinkel zurück und ist vergleichbar mit einer Reihe von Entwürfen des Architekten für die Gemäldegalerie Berlin .

Schinkel hatte sich in den Jahren vor 1830 intensiv mit der Bilderrahmung zu beschäftigen, als es darum ging, die Gemäldegalerie im Königlichen Museum am Lustgarten in Berlin, dem heutigen Alten Museum, einzurichten. Rund die Hälfte der damals 1196 Gemälde waren aus den unterschiedlichsten Gründen rahmenlos und erhielten nach Schinkels Entwurf gestaltete Umfassungen.

Doch wurde Schinkel auch außerhalb des Projektes der Museumsrahmen (1827-1830) vielfach um die Fassung eines Gemäldes, seltener eines Reliefs oder den Entwurf eines Spiegelrahmens gebeten. Vorrangig entwarf er diese für Mitglieder der preußischen Königsfamilie, aber auch für auswärtige Fürsten, Freunde, Künstlerkollegen, zu zahlreichen Altargemälden und nicht zuletzt zu seinen eigenen Bildern. Im Gegensatz zu den Museumsrahmen waren diese jeweils „im Einzelauftrag“ entstanden .

Gneisenau war nicht nur ein Förderer und Liebhaber von Schinkels Kunst (Schinkel malte mehrere Bilder für ihn), sondern war auch mit ihm befreundet. 1822 wurde Schinkel von Gneisenau beauftragt, für dessen 22-jährig verstorbene Tochter Agnes von Scharnhorst ein Grabdenkmal in Erdmannsdorf zu entwerfen. Schinkel nahm den Auftrag "mit Wehmut und inniger Teilnahme" an, wie er in einem Brief an die Familie von Gneisenau schrieb und lieferte sogleich eine Entwurfszeichnung.

Provenienz

Schloss Erdmannsdorf (Schlesien), rückseitig Inventar-Etikett ‚Gen. Katal. No 3671’. Dort bis zur Versteigerung von Teilen des Inventares am 26. März 1928, bei Emil Richter, Dresden. Im Auktionskatalog (Katalog Nr. 8) ‚Aus Schloß Erdmannsdorf, ehem. Bes. Königs Friedrich Wilhelm III.’, Los 637 (Janecke, F.). Danach Rheinische Privatsammlung.

Schloss Erdmannsdorf1

Nach dem Ende der Befreiungskriege gegen Napoleon ließ sich der pensionierte Feldmarschall Graf Neidhardt von Gneisenau im Hirschberger Tal nieder, genauer gesagt, er tauschte 1816 sein Gut Mittel-Kauffung im Kreis Schönau gegen Erdmannsdorf ein. Über den Erwerb notierte er: "Die Gegend ist himmlisch, die Mittagsseite (zur Schneekoppe) großartig, die Mitternachtsseite (nach Lomnitz) höchst lieblich. Da sind Wälder und Teiche und Waldung und die schönsten Wiesen. Ich hoffe, mit einiger Verstandesanstrengung, eines der schönsten Güter zu bilden, das die Erde hat."

Graf Gneisenau ließ das Schloss klassizistisch umgestalten und um ein Mezzanin sowie ein Belvedere mit Flachkuppel erhöhen. Nach dem Tod Gneisenaus 1831  kaufte am 21. August 1832 König Friedrich Wilhelm III. von den Erben Gneisenaus die Herrschaft Erdmannsdorf für 136 000 Thlr. Noch im gleichen Jahr besuchte Schinkel erstmals Erdmannsdorf, um sich mit den Örtlichkeiten vertraut zu machen. Es wurden vor allem Sanierungsarbeiten durchgeführt und der hufeisenförmige barocke Schloßbau neu verputzt und in den Lieblingsfarben des Königs Hellblau-Hellgrau gefaßt sowie das Innere neu möbliert. Den Biedermeier-Salon der Möblierung durch Schinkel gibt es noch heute. Er wird in dem Schlesischen Museum in Görlitz gezeigt. 

Das Erscheinungsbild der Bauten von  Erdmannsdorf in den dreißiger Jahren war nicht nur von Schinkel bestimmt, sondern auch von Friedrich Wilhelm III. Der sparsame König, der den guten Geschmack als einen strengen, im wesentlichen klassizistischen auffaßte, hat von sich aus niemals bei Profanbauten gotische Stilformen gewählt. Er wollte auch in Erdmannsdorf, wie in Paretz, als schlichter Landedelmann leben. Friedrich Wilhelm III. hatte Erdmannsdorf schon mehrfach unter der Zeit Gneisenaus besucht. Doch als Eigentümer  kam er erst im August 1835 angereist.

Nach dem Tod von Friedrich Wilhelm III. am 7. Juni 1840 erbte seine zweite Gemahlin, Fürstin Liegnitz, Schloß Erdmannsdorf. Sie verkaufte es jedoch sehr schnell dem neuen König, der ihr dann auf dem Gelände der Schloßanlage ein Haus im Schweizer Stil erbauen ließ. Friedrich Wilhelm IV besuchte bereits vom 15.-25. August 1840, d.h. vor der  Huldigungngsfeier am 8. September in Königsberg, zusammen mit Stüler, dem Direktor der Schlossbaukommission, die Königliche Kron Fideicommiss Herrschaft Erdmannsdorf, wie die offizielle Bezeichnung lautete. Aus diesem Anlaß war auch die Familie gekommen, selbst die Zarin aus Russland.

Nun erfolgte die maßgebende Umgestaltung des Schlosses im Stil der englischen Gotik. Schinkel war inzwischen erkrankt und so wird angenommen, dass der Umbau des Schlosses ausschließlich auf Stüler zurückgeht. Nach Fertigstellung der Umbauten blieb das Schloß Sommersitz der königlichen Familie. 1888 bewohnte Prinz Heinrich, Sohn des im gleichen Jahr verstorbenem Kaiser Friedrich III. kurzzeitig das Schloß, danach eine Schwester Charlotte von Sachsen-Meiningen. 1909 wurde das Fideikommissgut aufgelöst und das Schloß für 1.050.000 Mark an Amtsrat Richter in Schönau bei Neumarkt verkauft  und das gesamte Inventar versteigert.

Das Inventaretikett zeigt an, dass diese Bildplatte bis 1928 Teil des Inventars von Schloss Erdmannsdorff, und damit im Besitz König Friedrich Wilhelm III. und seinen Nachfolgern war. Er kaufte das Schloss 1832 nach dem Tod von Gneisenau 1831 (sehr wahrscheinlich auch mit Teilen der Ausstattung). Da die Bildplatte allerdings 1830 datiert ist, wird sie sich vorher im Besitz des Generalfeldmarschalls befunden haben. Die Darstellung der Allegorie des Friedens passt kongenial zu dem Lebenswerk Gneisenaus. Es ist nur eine Vermutung, aber vielleicht war dieses kostbare Porzellanbild ein Geschenk zu seinem 70 jährigen Geburtstag im Jahr 1830.



[1] vgl. Marsch, Angelika, , Erdmannsdorf (Mysłakowice), in Stiftung Kulturwerk Schlesien: URL: http://www.kulturwerk-schlesien.de/kulturlandschaftschlesien/burgenundschloesser/portraits-der-burgen-und-schloesser/321.Erdmannsdorf_Mysakowice.html(Stand September 2014)