Museale Karaffenflasche

mit fürstlichem Spiegelmonogramm Leopolds I. von Anhalt-Dessau (1676-1747), genannt ‚Der Alte Dessauer’.

Potsdamer Glashütte, um 1700

Feinstes farbloses Glas mit Schliff, Matt- und Blankschnitt; Flaschenhals und Glasstopfen mit silbervergoldeter Montierung

Höhe: 19 cm Inv. Nr.: 2007

Die zierliche Karaffe zeichnet sich aus durch den hohen künstlerischen Stand der Glasveredelung, die elegante Form mit fürstlicher Wappenkartusche und ligiertem L; sie verbindet in vielerlei Hinsicht die Noblesse des frühen 18. Jahrhunderts durch Gebrauchszweck, Glasherstellung, virtuosen Glasschliff mit fürstlichen Insignien und die kunstvolle Goldschmiedekunst. In seiner Form erinnert die Karaffenflasche an die sogenannten „Caraffins“, aus denen bei höfischen Festlichkeiten Wein eingeschenkt wurde. Eigens dafür abgestellte Diener, die Mundschenke, waren an der Tafel positioniert, um auf Verlangen des Gastes die gefüllten Gläser auf Tabletts anzureichen; denn es galt als Unart, Gläser auf dem Tisch stehen zu haben. Um zu verhindern, daß nicht „aus Versehen von uns, oder von unserm Nachbar, zu unsern oder unsers Nachbar Schaden und Verdruß, ein volles Gefäß umgegossen werde“ .

In Futteralen aufbewahrt, waren kostbare Gläser Teil von Kunstkammern oder kleinen Spezialsammlungen, wie ein Inventar der brandenburgischen Kurfürstin Dorothea (1636-1689) belegt: „ein klein... Flaschen -futter mit sechs Marienwaldischen, geschnittenen Flaschen“ . Marienwalde war eine der brandenburgischen Glashütten, aus der unsere Flaschenkaraffe stammen könnte, denn sie zeigt die für deren Produkte um 1700 typischen mattgeschliffenen Lanzettblattfriese und tiefgeschnittenen Blütenfestons. Besonders für die Potsdamer Glashütte und deren Nachfolgerin in Zechlin (ab 1736) wurde dieses Gestaltungsmotiv zum Erkennungszeichen.

Potsdamer Gläser waren für den Berliner Hof bestimmt; sie gingen aber auch als Bestellungen und Geschenke an verbündete Landesfürsten; vermutlich ist auch diese Karaffenflasche ein Geschenk des preußischen Königs Friedrich Wilhelm I. an seinen Cousin, den legendären Feld- und Landesherren von Anhalt-Dessau, Fürst Leopold I.. Ein Deckelbecher des Potsdamer Glasschleifers Gottfried Spiller zeigt das gleiche Spiegelmonogramm Fürst Leopolds, wie auf der hier vorgestellten, durch keine weiteren Beispiele belegbaren Karaffenflasche. Es ist also wahrscheinlich, daß die Karaffe aus seiner Hofhaltung stammt, aus der Sammlung in Dessau oder Schloß Oranienbaum. - Guter Erhaltungszustand; unbedeutender Haarriß in der Lippe des Stopfens.