Franz-Xaver Habermann (1721-1796)

Bedeutende Folge von drei Entwurfszeichnungen ‚Sekretäre’

Augsburg, um 1760

Feder in Braun, grau laviert, über Resten von Bleistift auf Papier. Unten rechts jeweils mit Sammlerstempel ‚zeichnender Arm’ in Braun (Lugt L3893).

Höhe: 270 mm bis 273 mm
Breite: 166 mm bis 184 mm Inv. Nr.: 1759

Provenienz: Lodewijk Houthakker (Amsterdam 1926 – 2008)

Die drei Zeichnungen zeigen jeweils einen Sekretär im süddeutschen Rokoko Stil. Zwei Entwürfe haben einen Uhrenaufsatz und ein Kommodenunterteil (einmal als zweischübiger Alternativentwurf), die dritte Zeichnung mit einem figürlichen Abschluss hat ein Konsolen-Untergestell. Das Design und die Komposition basiert in der Grundform auf traditionellen Deutschen Sekretären (oder noch vielmehr auf Augsburger Arbeiten) der vorangegangenen Jahrzehnte, mit einem starken französischen Einfluss, denn insbesondere der Uhrenaufsatz basiert sehr wahrscheinlich auf einem französischen Rokoko cartonnier. Das zierende Ornament an allen drei Sekretären in Form von typischen Rokoko Elementen wie C- und S-Schwüngen, Rocaillen, Putti, Blüten- und Blattmotiven, haben einen so üppigen Charakter, dass sie in den Entwürfen von Habermann fast zum Selbstzweck erhoben werden.

Die gestochenen Kupfer nach Entwürfen von Habermann erfreuten sich zu seiner Zeit großer Beliebtheit und Verbreitung – sogar bis nach Portugal, wo diese Entwürfe als ‚le dernier cri’ kosmopolitischer Raffinesse galten [1]. Diese drei Entwurfszeichnungen können fast exemplarisch für das Augsburger Kunsthandwerk im Rokoko stehen. Sie sind von herausragender Qualität und Seltenheit!

Franz-Xaver Habermann [2], Ornamentzeichner und Stecher. Ursprünglich Bildhauer, machte er seine Studien in Italien und kam später nach Augsburg, wo er 1746 Bürger wurde. 1781 als Lehrer an der neuerrichteten Zeichenanstalt angestellt, blieb er in dieser Stellung bis zu seinem Tode. Er zeichnete Architekturen und Perspektiven, seine Bedeutung liegt aber in seiner Tätigkeit für den Ornamentstich. Mit unerschöpflicher Phantasie fertigte er eine Menge Zeichnungen als Muster zu Dekorationen, Bronzearbeiten, Uhrverzierungen, Möbeln, Rahmenfüllungen, usw., die in Kupfer gestochen, meist in Folgen von 4 Stück, von den Augsburger Verlegern Johann Georg Hertel und Martin Engelbrecht herausgegeben wurden. Als Stecher kommt Habermann selbst nur für wenige Blätter in Betracht, die er dann meist auch selbst herausgegeben hat. Habermann gehört zu den fruchtbarsten und originellsten Augsburger Ornamentzeichnern des Rokoko. Die Zahl seiner Blätter beläuft sich auf 500 bis 600. Schon in seinen frühesten Entwürfen in Formen des reinen Rokoko sich bewegend, geht er in Bewegung und Kräuselung der Linien und Häufung der Ziermotive, besonders bei den Muschelornamenten, bis zum Äußersten, ohne aber, wohl infolge seiner früheren bildhauerischen Betätigung, den Sinn für das Plastische je ganz zu verlieren.

Provenienz:

Lodewijk Houthakker (Amsterdam 1926 – 2008). Kunsthändler und Sammler; legte eine private Sammlung von Zeichnungen zum Thema Architektur, Ornament und Kunsthandwerk an.

Literatur:

  • Fuhring, Peter, Design into Art, Drawings for Architecture and Ornament, The Lodewijk Houthakker Collection, 1989.
  • Krull, Ebba, Franz Xaver Habermann 1721-1796, Ein Augsburger Ornamentist des Rokoko, Augsburg, 1977.
  • Thieme-Becker, Allgemeines Lexikon der Bildenden Künstler, Band XV.
  • Ausstellungskatalog, Rococo, The Continuing Curve, 1730-2008, Smithsonian, Cooper-Hewitt, National Design Museum, New York, 2008.

[1] vgl. Simon Jervis, Habermann’s furniture designs, in Peter Fuhring, Design into Art, Seite 321-324.
[2] Thieme-Becker, Seite 397-398.