André, Antoine

Torso

Frankreich, um 1700

Marmor

Höhe mit Plinthe: 193 cm Inv. Nr.: 1482

Provenienz: Graf Ursel, Kasteel d’Ursel, Bornem-Hingene, Belgien

ANDRÉ, ANTOINE,

zugeschrieben. Französischer Bildhauer unter Louis XIV, (16? – nach 1710). André war im Auftrag von Colbert seit 1669 wiederholt in Carrara, um Marmor auszuwählen, der zur ‚Verschönerung des Louvre und anderer königlicher Paläste’ bestimmt war.

Für die Zeit um 1700 sind über-lebensgroße Marmorstatuen, die auf die Antike rekurrieren unüblich. Für das Œuvre von André und die Antikenrezeption dieses berühmten Bildhauers jedoch scheinen Marmorskulpturen in Überlebensgröße geradezu charakteristisch zu sein. Vergleichsbeispiele hierfür, wie die Flora Farnese, signiert ‚Antonius Andreas Anno 1676’, Höhe: 215 cm, Tuilerien/Louvre, oder die Marmorstatue des Königs Tiridates, 1684-87, Höhe über 200 cm, im Park von Versailles, lassen die Annahme der Autorenschaft von Antoine André als Bildhauer des Torsos nicht unbegründet erscheinen.

Die überlebensgroße, vollrunde Skulptur ist monumental verhüllt durch einen Philosophenmantel all’antica, dessen lebhafte Faltenrhapsodien ein sinnlicher Ausdruck der Bewegtheit seines Geistes sind. Das sorgfältig drapierte Gewand mit außerordentlich tiefem Faltenwurf ist virtuos ausgeführt; partiell wirkt es wie ein dünnes ‚nasses’ Gewand, das den Körper bedeckt und ihn auf diese Weise umsomehr betont, als ihn zu verhüllen.

Die These, dass es sich bei dieser Marmorskulptur wohl um die Darstellung eines Philosophen handelt, bestätigt das Attribut neben dem rechten Fuß: Eine verschlossene Dose für wichtige Schriftrollen, lat. ‚scrinium’.

PROVENIENZ

Graf Ursel, Kasteel d’Ursel, Bornem-Hingene, Belgien erwirbt die Marmorstatue anlässlich der Umgestaltung der Parkanlagen des Schlosses (1709-1718) unter der Leitung der beiden französischen Hofgartenarchitekten Pierre Pignet und Etienne Chanson. Recherchen und aufgefundene Rechnungen belegen, dass diese Marmorstatue, zwischen August 1709 und September 1710 geliefert wurde und vom 6. bis 9. April 1712 durch Jan Francois Poullet aus Antwerpen mit Sockel im Schlosspark aufgestellt worden ist.

Zeichnungen der Gartenanlagen aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts zeigen die Standorte der gelieferten Skulpturen.